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Interview mit Karolina Bednarova: "Es war jede Sekunde wert!“

Es sind ihre letzten Playoffs als Volleyball-Profi: Wenn VCW-Außenangreiferin Karolína Bednářová am Sonntagnachmittag das Spielfeld in Stuttgart betritt, könnte dies ihr vorletztes Mal als Spielerin sein.

Viel lieber wäre es der 32-Jährigen natürlich, wenn die Reise im Kampf um die Deutsche Meisterschaft mit ihrem VC Wiesbaden noch etwas länger gehen würde. Im Moment sieht sich die Tschechin auf dem Höhepunkt ihrer Schaffenskraft und will nun noch einmal jede Sekunde auf dem Feld genießen. Denn nach dieser Saison ist für sie Schluss. Nach 19 Jahren. Diesmal endgültig. Nachdem sie im Sommer 2015 schon einmal ihr Karriereende verkündet und dann – nach einem Jahr Pause – aber doch den Weg zurück aufs Feld beschritten hatte, freut sich Karolína Bednářová jetzt auf ihr Leben nach dem Profisport. Wir haben mit der Außenangreiferin über ihren persönlichen Rückblick und Ausblick gesprochen.

REDAKTION: Karolina, fällt ein Karriereende eigentlich leichter, wenn man es ein zweites Mal macht?

BEDNAROVA: Ja, aus zwei Gründen. Erstens, weil ich mir den Zeitpunkt selbst ausgewählt habe und ich mich darauf vorbereiten kann. Zweitens, weil ich jetzt schon weiß, was auf mich zukommt und worauf ich beim Übergang in die neue Lebensphase zu achten habe. Und vielleicht auch, weil ich nun davon überzeugt bin, aus meiner Karriere und Möglichkeiten wirklich alles rausgeholt zu haben.

Warum hast Du für Dich entschieden, dass jetzt wirklich der Zeitpunkt gekommen ist, die Volleyballschuhe an den Nagel zu hängen?

Der Zeitpunkt stand eigentlich seit meinem Umzug nach Wiesbaden fest, ich wollte solange spielen, bis mein Studium abgeschlossen ist und das ist nun bald soweit. Ich bin der Meinung, dass man aufhören sollte, wenn es am Schönsten ist. Ich glaube in diesem Jahr den Höhepunkt meiner eigenen Leistung erreicht zu haben und so möchte ich mich verabschieden.

 Siehst Du Deine Karriere selbst eigentlich in zwei Teilen? Ein Teil vor dem ersten Karriereende und ein Teil die Zeit bei Wiesbaden? Und wenn ja, welches war der schönere Teil?

Der einjährige Abstand vom Profisport hat mir dabei geholfen, mir sowohl der Privilegien als auch der Nachteile des Sportlerlebens bewusster zu werden. Deswegen wusste ich im „zweiten Teil“ meiner Karriere jede Kleinigkeit achtsamer zu genießen. In der gesamten Zeit bin ich überall, wo ich gespielt habe, gut angekommen. Ich habe mich bei allen Vereinen und in allen Ländern wohlgefühlt. Deswegen betrachte ich meine gesamte Karriere im Ganzen als beständig und schön.

Du hast bei einigen Vereinen in Europa gespielt. Du warst für die tschechische Nationalmannschaft im Einsatz. Gibt es einen Moment in Deiner Karriere, der für Dich besonders wertvoll ist?

Es fällt mir schwer, aus allen besonderen Momenten, die ich durch den Sport erleben durfte, nur einen zu nennen. Mein erstes Pokalfinale in Deutschland in 2015 (mit Aachen, Anm. d. Redaktion) war sicherlich etwas Besonderes. Emotionen weckt auch immer noch das letztjährige DVV-Pokalhalbfinale in Stuttgart, in dem wir den Finaleinzug perfekt gemacht haben. Und ich werde nie den Augenblick vor meinem ersten Länderspiel vergessen, als ich die Nationalhymne hörte. Die Welle von Gefühlen war unbeschreiblich.

Du hast Business Administration studiert, Du liebst Kunst. Wie geht es jetzt für Dich weiter? Beruflich und persönlich?

Wenn alles nach Plan läuft, werde ich ab dem Sommer in Frankfurt in die Finanzbranche einsteigen, wo ich bereits als Werkstudentin tätig bin. Ich vermisse meine Familie in Tschechien täglich, aber mein Leben ist nun hier und ich freue mich bereits auf alle neuen Herausforderungen, die vor mir im Berufs- und Privatleben liegen. Was die Kunst betrifft, sie bleibt mein Hobby und ich hoffe, in Zukunft mehr Zeit dafür zu finden.

Wie wirst Du dem VCW erhalten bleiben?

Ich persönlich möchte den VCW weiterhin in einer ehrenamtlichen Funktion unterstützen. Die konkrete Form muss mit dem Vereinsvorstand noch abgesprochen werden. Diese ist natürlich auch von meinem zukünftigen beruflichen Pensum abhängig. Das Wichtigste ist, dass beide Seiten Interesse daran haben.

Sportlich verlief Deine letzte Saison bislang leider nicht immer nur positiv. Beschäftigt es Dich sehr, dass Dein letztes aktives Volleyballjahr (bislang) nicht eines der erfolgreichsten Deiner Karriere war. Oder hast Du Deinen Frieden mit der Saison gemacht?

Natürlich hätte ich mir am meisten gewünscht, nach zwei misslungenen Finalspielen am Ende endlich einmal den DVV-Pokal hochheben zu dürfen. Der Verlauf der bisherigen Saison war sicherlich nicht befriedigend, meine Karriere besteht aber nicht nur aus dieser Saison. Daher nehme ich es so, wie es kommt. Dafür schließe ich meine Karriere innerhalb einer Mannschaft ab, in der eine gute Stimmung herrscht. Ich bin sehr froh, mich mit genau diesen Mädels an meiner Seite verabschieden zu können.

In Deinem Spieler-Steckbrief auf der VCW-Webseite steht: „Mit 13 bin ich heimlich zum Volleyball-Training anstatt zum Ballett-Unterricht gegangen“. Wenn Du zurückblickst: War das damals die richtige Entscheidung?

Hätte ich damals als kleines Mädchen gewusst, wo mich diese Reise hinführt, hätte ich es wahrscheinlich nicht geglaubt. Mit 16 habe ich das erste Mal in einer Ersten Liga der Frauen auf dem Feld gestanden. Und selbst als ich im Alter von 20 die Uni abgebrochen habe und zum ersten Mal ins Ausland ging, hatte ich eigentlich keinen Plan. Ich wollte nur Erfahrungen sammeln. Das klingt heutzutage selbstverständlich, damals war es aber lange noch nicht so. Zwölf Jahre später und drei Länder weiter kann ich für mich sagen: "Es war jede Sekunde wert!“ Ich habe durch den Sport vieles gesehen, tolle Menschen kennengelernt und bin von einem Kleinstadtmädchen zur Frau geworden, die sich in der großen Welt nicht verliert. Wenn ich die Zeit zurückdrehen und die Entscheidung nochmal treffen könnte, würde ich alles nochmal genauso machen.

Karolína, vielen Dank für das Gespräch

Foto: Detlef Gottwald